Teil 1 - Deutsche Ostseeküste
Donnerstag, 9. Juni 2022
5. Segeltag - Stahlbrode - Thiessow auf Rügen
Stahlbrode ist übrigens einer dieser Häfen, die man etwas unterschätzt. Ein ehemaliger Fischerhafen mit hohen Spundwänden und einer etwas kniffeligen Einfahrt, die sehr flach ist, sieht nicht besonders einladend aus. Dieser Hafen gewinnt aber durch den netten Hafenmeister und die sehr sauberen, neuen Sanitäranlagen. So konnten wir heute Morgen eine richtig gute Dusche genießen. Mit Strom kostete der Liegeplatz auch nur moderate 15 €. Der Hafenmeister war ganz neu und wirklich überaus engagiert. Das ist uns auch in den anderen Häfen aufgefallen, offensichtlich wurden vielerorts die alten, oft sehr speziellen Hafenmeister durch eine junge, motivierte Generation abgelöst und die Gemeinden investieren in eine bessere Infrastruktur. Das ist für (Gast-)Segler eine sehr gute Entwicklung.

Heute Nacht war es etwas unruhiger als sonst, da wir ungeschützt im Schwell lagen. Im Laufe der Nacht drehte aber der Wind, so dass die Luna wieder etwas ruhiger lag. Ursprünglich hatten wir geplant, von Stahlbrode aus nach Swinemünde durchzusegeln, aber die Wettervorhersage für heute, Donnerstag, war sehr mau. Wir hatten keine Lust, wieder stundenlang zu motoren und beschlossen, erst einmal frühstücken zu gehen.
Das Frühstück mit frischen Schrippen war lecker und sättigend, anschließend haben wir uns in einer Fischräucherei frisch geräucherten Lachs gegönnt. Leider gab es bis auf Flunder keinen Fisch aus der Ostsee zu kaufen - der nette Verkäufer hat uns dann erläutert, dass die Saison für Heringe vorbei sei (Februar bis April) und die anderen Fischarten in der Ostseefischerei extrem zurückgegangen sind. So kauft er Fisch aus der ganzen Welt ein (Pazifik, Atlantik, Island und Norwegen) und räuchert diesen.
Ok, dann wird die Wahrscheinlichkeit, dass Frank unseren Abendbrottisch mit frisch gefangenem Fisch erweitert, gering sein. Er wird es aber weiter versuchen ;-)

Um halb zehn war das Schiff dann klar zum Ablegen. Also raus auf die Rinne, die bis zum Hafen ausgebaggert wurde, allerdings zeigte uns ein Piepen des Tiefenmessers immer wieder an, dass es ziemlich flach rechts und links der Rinne - und auch in der Rinne - war. Gut, dass unser Kiel nur 1,56 m tief ist, da kommen wir auch noch über Flachstellen mit 1,7 m locker drüber.
Im gesamten Greifswalder Bodden muss man sehr sorgfältig navigieren, da es hier unzählige Flachs gibt. Für die Schifffahrt werden aber Rinnen mit Solltiefen gebaggert, die wir uns auch zunutze machen.
Es ist schon komisch, über eine große Wasserfläche zu sehen und zu wissen, dass ca. 0,5 m neben der Tonne die Sandbank dicht unter der Wasseroberfläche ist und sogar trockenfallen kann. Also gilt es hier, genau den so genannten Tonnenstrich einzuhalten.
Dank Technik an Bord, die zuverlässig anzeigt, wo man sich gerade befindet, sind aber solche Fahrwege gut zu meistern.
Was man leider nicht beeinflussen kann, ist das Wetter. Der Wind ließ uns heute über lange Zeit im Stich. Das Wasser sah aus wie Öl. Es war sehr warm an Bord und unzählige kleine, grüne Fliegen bevölkerten jede freie Stelle an Bord.
So motorten wir einige Stunden durch die wunderschöne Boddenlandschaft. Frank erwies sich heute als besonders geduldig, indem er immer wieder versuchte, den Wind mit den Segeln einzufangen. Ca. 5 sm vor dem Ziel frischte dann der Wind so richtig auf und wir konnten doch noch etwas segeln.
Tja, hätten wir mal etwas mehr rumgetrödelt - danach gab es für den ganzen Tag schönsten Segelwind. Wir steuerten aber den Hafen Thiessow auf Rügen an, und mussten wieder im Tonnenstrich motoren.
Im Hafen eine Überraschung - fast alle freie Plätze waren belegt. Und das um 14:30 Uhr. Wir fanden noch ein Plätzchen vor dem Molenkopf und machten uns dann zu Fuß auf ins Dorf. Thiessow ist der südöstlichste Ort auf Rügen und ein beliebtes Ferienziel.

Die Promenade von Thiessow gefiel uns richtig gut.
Am Strand auf der Nordseite von Rügen war schon viel los. Wir setzten uns ins Strandcafé und genoßen einen Cappucino mit Seeblick. In der Ferne kann man Usedom erahnen (nicht auf den Fotos, Usedom liegt in einer anderen Richtung) - da müssen wir morgen ganz entlang segeln, um nach Swinemünde (Polen) zu gelangen.


Durch einen wunderschönen Mischwald liefen wir zurück zum Hafen.

- Tagestripp: 17 sm
- Davon unter Segeln: 3 sm
- Wetter: Mix aus Sonne und Wolken, 1 - 2 bft., erst aus Süd, dann aus West, später auf Südost drehend, keine Wellen
- Fahrtzeit: 5 h
- Erkenntnis des Tages: Auch auf einem 10-m-Boot kann man sich suchen. Steffi war in der "Vorratskabine" achtern und Frank dachte, sie sei über Bord gegangen - also besser, man meldet sich ab, wenn man das Cockpit während der Fahrt verlässt.
Nachtrag zum 4. Segeltag: Jetzt ist der Drohnenfilm vom Dornbusch abrufbar!
Mittwoch, 8. Juni 2022
4. Segeltag - Kloster - Stahlbrode

Heute haben wir etwas ausgeschlafen und sind gegen zehn Uhr zunächst durch Kloster und dann bis zum Dornbusch gewandert. Der Dornbusch auf Hiddensee ist eine Moräne aus der Eiszeit, die sich hoch über die See türmt. Ganz oben steht ein Leuchtturm (28 m) hoch - der von weither schon sichtbar ist. Der Weg dorthin war gesäumt von blühendem Ginster, das viele Gelb hat einen tollen Eindruck auf uns gemacht.

Auf dem höchsten Punkt hatten wir die Gelegenheit, die Drohne fliegen zu lassen.
Zurück im Hafen haben wir uns noch Fischbrötchen und Kartoffelsalat zum Mitnehmen gegönnt und sind gegen halb eins wieder raus in den Tonnenstrich.
Wir hatten wieder großes Fährglück und mussten den engen Fahrweg mit keinem Passagierschiff teilen. Nach einer Weile konnten wir in der engen Rinne sogar segeln und sind bis Stralsund "Schmetterling" gesegelt - was war das herrlich. Der Sund ist hier nahezu wellenfrei, Rügen und Hiddensee liegen rechts und links vom Boot, es ist viel zu sehen - einfach toll.
Unterwegs genossen wir unser mitgebrachtes Mittagsessen.
Um 17:00 Uhr waren wir in Stralsund an der Ziegelgrabenbrücke. Diese öffnet nur sechs Mal täglich, deswegen waren wir sehr froh, pünktlich zur Brückenöffnung um 17:20 Uhr vor Ort zu sein.
Die Durchfahrt ist immer etwas aufregend, es hat aber sehr gut geklappt.



Nach der Brückendurchfahrt konnten wir tatsächlich weitersegeln - bis kurz vor dem Hafen Stahlbrode hatten wir einen tollen Segelwind und keine Welle. Es war fast wie auf einem Binnensee, dazu kommt eine wundervolle Landschaft.
Gegen 20:15 Uhr sind wir dann in Stahlbrode eingelaufen. Die Zufahrt war etwas kniffelig, da zu beiden Seiten der Hafeneinfahrt große Flachs liegen. Im Hafen angekommen wurden wir von einem sehr netten Hafenmeister in Empfang genommen, der uns einen Platz längsseits am Kai zuwies. Hier liegen wir relativ ruhig, aber etwas Schwell steht auf dem Liegeplatz.
Mit dem Hafenmeister haben wir noch etwas geplaudert und dann Abendessen gemacht. Der Ausblick auf einen schönen Sonnenuntergang entschädigte uns für den langen Segeltag.

- Tagestripp: 39 sm
- Davon unter Segeln: 18 sm
- Wetter: Mix aus Sonne und Wolken, 2 - 3 bft., erst aus Ost, später auf Nordost drehend , keine Wellen
- Fahrtzeit: 8 h
- Erkenntnis des Tages: Auf Hiddensee ist immer Saison - so viele Leute wie dort wandernd und Rad fahrend unterwegs waren, das war beeindruckend.
Dienstag, 7. Juni 2022
3. Segeltag- Warnemünde - Kloster auf Hiddensee

Um fünf Uhr morgens auslaufen, das ist so gar nicht mein Ding. Da wir aber 56 Seemeilen vor der Nase hatten und noch etwas von Hiddensee sehen wollten, blieb uns nichts anderes übrig.
Also liefen wir leise aus dem Warnemünder Hafen aus und waren recht froh, dass dies zeitgleich keine Fähre plante. Die Fährdichte hier ist unglaublich, hinter mir kann man sogar eine Hybid-Fähre sehen, die nicht nur Akkus an Bord hat, sondern auch ein Rotorsegel, das den so genannten Magnuseffekt für den Antrieb nutzt. 4 - 6 Prozent an Schweröl können damit eingespart werden.
Wir setzen auf Windkraft - Leider mussten wir heute aber viel motoren , weil uns der Wind im Stich ließ.

Ein paar Seemeilen unter Segeln waren aber doch noch möglich.
Wir hatten heute jede Menge Besuch an Bord: Hummeln, Wespen, Fliegen und Mücken, die wirklich weit weg von Land mit uns fuhren. Bewundernswert wie so kleine Lebewesen so große Strecken überwinden können.
Über weiteren tierischen Besuch haben wir uns sehr gefreut: Zwei Schweinswale spielten in unserem Kielwasser. Leider waren wir so fasziniert davon, dass wir kein Foto machen konnten.

Frank musste die Angel einweihen und hatte den Auftrag, die Abendmahlzeit zu fangen. Da das Anglerglück ihm nicht hold war, mussten wir in Kloster auf Hiddensee essen gehen.
Die Anfahrt auf Hiddensee ist etwas aufregend: Man darf den Tonnenstrich nicht verlassen, da unmittelbar daneben die Tiefe nur noch 0,5 m beträgt.

Das Wetter war den ganzen Tag gnädig mit uns, nur bei der Einfahrt von Kloster wurden wir doch noch geduscht. Unser Liegeplatz für heute ist angenehm ruhig.
- Tagestripp: 56 sm
- Davon unter Segeln: 12 sm
- Wetter: stark bewölkt, 2 bft. , keine Wellen
- Fahrtzeit: 12 h
- Erkenntnis des Tages: Aller guten Dinge sind drei. Endlich nach zwei früheren vergeblichen Versuchen haben wir es geschafft, in Hiddensee im Hafen zu liegen.
Pfingstmontag, 6. Juni 2022
2. Segeltag - Timmendorf - Warnemünde

Um halb elf haben wir den Hafen Timmendorf verlassen, zuvor mussten wir noch den Liegeplatz beim Hafenmeister bezahlen, 16 Euro, ein guter Preis für die deutsche Ostseeküste.
Auf das Bad am Strand haben wir verzichtet, uns ist es noch deutlich zu kalt.
Bei der Abfahrt war der Himmel noch stark bewölkt, das änderte sich aber gegen Mittag. Ein Sonne-Wolkenmix und beste Segelbedingungen bereiteten uns viel Freude. Der Jockel musste nur ganz wenig arbeiten, ansonsten sorgte Wind aus Südosten für guten Vortrieb.
Ach ja: seit über 20 Jahren begleitet uns Jonny - ein kleines Motorschiff (auf dem Bild oben hinter Frank zu sehen). Wenn Jonny sich umdreht und untergeht, fahren wir unter 2 Knoten - er ist da sehr zuverlässig.

Wir haben uns heute reichlich Zeit gelassen und waren um kurz nach 19 Uhr in Warnemünde. Nach einem leckeren Abendessen an Bord in der warmen Abendsonne, sind wir noch durch Warnemünde geschleudert.

Warnemünde ist ein beliebter Kreuzfahrthafen, heute könnten wir die Norwegian Getaway beim Auslaufen beobachten. Es ist immer wieder beeindruckend, wie groß diese Ozeanriesen sind.

- Tagestripp: 34 sm
- Davon unter Segeln 28 sm
- Gesamttripp: 68 am
- Davon unter Segeln 43 am
- Wetter: 2- 3, in Böen 4 aus Südost, zunächst stark bewölkt, am Abend klar.
- Erkenntnis des Tages: Segeln im Juni auf der Ostsee macht viel Spaß
Pfingstsonntag, 5. Juni 2022
1. Segeltag - Lübeck - Timmendorf auf Poel

Heute Morgen mussten wir noch klar Schiff machen und alles gut verstauen. Unglaublich, was wir alles mitgebracht haben. Aber alles findet seinen Platz und gegen 12 Uhr heißt es, Abschied von Lisa und Christian zu nehmen. Die beiden waren eine tolle Unterstützung und bringen jetzt Auto und Anhänger nach Hause.

Nach dem Ablegen aus der Werft sind wir zunächst ca. 2 Stunden die Trave entlang gemotort. In Travemünde mussten wir erstmals tanken: 2,60 €/Liter - das ist mal eine Ansage. 100 Liter Diesel bunkern wir, damit sind wir fürs Erste gut versorgt.
Dann geht es endlich auf die Ostsee. Am Passathafen stehen Lisa und Christian und winken uns zu ... jetzt geht es für uns wirklich auf die große Reise.
Das Wind ist mäßig und kommt strikt aus Osten, da liegt auch unser Ziel. Also ist Kreuzen angesagt. Die Luna lässt sich mit 2. Reff und Rollfock gut segeln. Wir haben viel Sonnenschein und mit uns segeln hunderte anderer Boote, es ist Pfingsten.
Nach einer Motorstrecke gegenan können wir in der Wismarer Bucht noch bis kurz vor unserem Ziel, Timmendorf auf der Insel Poel, segeln.
Im Hafen ist es sehr voll. Wir überlegen, nach Wismar zu fahren, aber am Ende des Steges winkt jemand und wir liegen neben dem letzten Poller - Glück gehabt. Um kurz nach 20 Uhr liegen wir fest im Hafen.

Nach einem netten Plausch mit dem hilfsbereiten Nachbarn aus Brandenburg gibt es Abendessen. Zum Ausklang des Tages können wir noch einen beeindruckenden Abendhimmel genießen.

- Tagestripp: 39 Seemeilen (sm)
- Gesamtzeit unter Motor und Segeln: 8,5 Stunden (h)
- Wetter: klar, 4 - 5 Beaufort, Welle 0,5 m
- Erkenntnis des Tages: Es fühlt sich alles noch so unwirklich an.
Samstag, 4. Juni 2022
Das Abenteuer beginnt, wir starten morgens um halb vier vor dem Pfingstreiseverkehr in den Norden und sind pünktlich um 9:30 Uhr am Hafen. Unser Sohn ist mit seiner Freundin mitgefahren, er wird das Auto auch wieder zurück fahren und den geliehenen Anhänger zurückgeben.
Aber zunächst finden wir das Schiff nicht. Wir sind im falschen Hafen gelandet, also ein Tor weiterfahren und erneut Ausschsu halten: Da liegt "unsere" Luna. Und der Sohn des Eigners wartet schon auf uns zwecks Übergabe.

Die Übergabe verläuft gut, wir müssen noch einen Kartensatz besorgen, das Schiff reinigen und ausladen ... ziemlich viele Kisten und Einzelteile warten auf einen guten Platz im Schiff.

Wir lassen den Tag in Lübeck in der Schiffergesellschaft ausklingen und fallen todmüde, aber gespannt auf die kommenden Tage, ins Bett. Die erst Nacht an Bord ..
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Kommentare
Hallo ihr Lieben, toller Bericht über eine tolle Reise. Wir können als Segler Eure Hochgefühle für die spannende Erkundung neuer Länder und Reviere lebhaft nachvollziehen. Jeder Morgen ist bei uns Törnlesezeit. Alles Gute für Euch, bleibt gesund und als Anleger immer einen Daumen "Irgendwas" im Glas.
Liebe Steffi, lieber Frank,
ich finde es toll, daß Ihr Euch die Zeit nehmt, uns an Eurem Abenteuer teilhaben zu lassen. Ich verfolge aufmerksam Eure Beschreibungen und Bilder und freue mich mit Euch über diese großartige Reise. Auf die noch kommenden Törns, insbesondere die ins Baltikum, bin ich sehr gespannt. Auch auf den persönlichen Bericht Eurer Erlebnisse ab September freue ich mich schon sehr. Nun wünsche ich Euch für die weitere Tour viel Sonne, guten Wind und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!
Alles Gute und viele Grüße, Nina
Hi Steffi und Ehemann Frsnk,
Toll ! Und super Berichterstattung. Ich bleibe dran und freue mich auf mehr. Eine gaaaaanz schöne Weiterreise und gutes Wetter mit ordentlich Wind. Viele Grüße Susanne
Wir wünschen euch ganz viel Spaß und bleibt gesund. Wir werden euer Abenteuer mit großem Interesse verfolgen. So wie ihr das Segeln liebt, lieben wir das Australische Outback 😉
Liebe Grüße aus der Heimat. Schön, dass euer Start so gut gelungen ist. Wir sind gespannt auf weitere Nachrichten von euch.